Arbeitskreis Medizingeschädigter
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in Kooperation mit dem Privaten Netzwerk Medizingeschädigter

Ein Verein hilft Opfern von Ärztepfusch

Kunstfehlern auf der Spur
"Wir kämpfen für die Umkehrung der Beweislast"
Ein Verein hilft Opfern von Ärztepfusch -
Zivilprozesse mit Versicherern ziehen sich häufig über Jahre hin

Seit 1995 arbeitet von Isny im Allgäu aus die Notgemeinschaft Medizingeschädigter Baden-Württemberg. Der Verein regisstriert ein gestiegenes Problembewusstsein im Umgang mit ärztlichen Fehlern. Doch die Rechtssteits sind schwierig wie eh und je.


Stuttgarter Zeitung und Südkurier, 15. März 2004

von
Rüdiger Bässler


Ulm - Eine so große öffentliche Veranstaltung wie am Samstag haben die Macher der Notgemeinschaft bisher nie gewagt. Zum Thema Gesundheitsreform sprachen die gesundheitspolitischen Sprecher im Stuttgarter Landtag, Brigitte Lösch (Grüne) und Ulla Haussmann (SPD). Vom Verein Demokratischer Ärzte war eine Abordnung da, vom Bundesverband der Verbraucherzentrale, dazu Patientenanwälte.

Die Veranstaltung passte zum aufkeimenden Selbstbewusstsein der Notgemeinschaft, die mittlerweile 430 Mitglieder zählt und deren Vorstandsmitglied Manfred Maier feststellt: "Die Menschen haben ein steigendes Bedürfnis nach Information." Nicht nur die Politik hört auf das, was der Verein zum Thema Patientenrecht zu sagen hat, auch die Anzahl der Medienveröffentlichungen, die Ärztepfusch thematisieren, steigt. Dennoch ist der Verein von seinem Ziel, die Rechte von Medizingeschädigten wirklich zu stärken, noch weit entfernt. "Wir kämpfen für die Umkehrung der Beweislast", sagt die Vorsitzende Monika Hauser. Gemeint ist damit, dass behandelnde Ärzte im Fall von Komplikationen die Richtigkeit ihrer Maßnahmen beweisen sollen. Die Realität sehe anders aus: "Ein Arzt darf dem Patienten gegenüber gar nicht eingestehen, dass er einen Fehler gemacht hat, sonst läuft er Gefahr, seinen Versicherungsschutz zu verlieren", weiß die Vorsitzende. An Haftpflichtversicherungen der verursachenden Ärzte müssen sich die Geschädigten in einem Verfahren wenden- und das meist über Jahre hinweg und mit großem finanziellen Risiko. Am Anfang haben die meisten Betroffenen nichts anderes als einen Verdacht. Warum dauert die Heilung so lange? War die Diagnose des Arztes richtig?

"Vielen Anrufern
tut es gut, einfach
ihr Leid zu klagen."
Vorsitzende
Monika Hauser

Der Verein, der auch Nichtmitgliedern Beratung gewährt, weist stets darauf hin, dass zum Beispiel Schmerzensgeld in einem Zivilprozess eingeklagt werden muss. "Wir versuchen also zuerst, die Krankenunterlagen von allen behandelnden Ärzten und Kliniken anzufordern, wenn möglich mit einer Vollständigkeitserklärung", sagt Hauser. Vom medizinischen Dienst der Krankenkassen werde dann ein kostenloses Gutachten eingefordert. Zusätzlich rät der Geschädigtenverein oft zu einem Privatgutachten. Dabei helfen Kontakte zum Verein Demokratischer Ärzte. Die Vermittlung an Anwaltskanzleien, die Erfahrung mit Verfahren gegen Ärzte haben, gehört außerdem zum Service für Interessenten. Der Zusammenschluss, erzählen die Mitglieder, mache auf jeden Fall Mut und befreie vom Gefühl der Ohnmacht gegenüber den Kliniken. So ging es auch Manfred Maier aus Seefelden am Bodensee, dessen Sohn Geoffrey bei der Geburt 1998 durch ärztliche Fehler schwere Schäden erlitt und der sich seither der Aufklärung über medizinische Schlamperein verschrieben hat.

Mittlerweile hat Monika Hausers Verein fünf Infotelefone in Baden-Württemberg. Vielen Anrufern tue es gut, "einfach ihr Leid zu klagen", hat sie bei der Arbeit erfahren. Die Vorsitzende hofft, rasch mehr Freiwillige zu finden, die sich aktiv im Verein engagieren. Auf die Gesundheitsreform allerdings mögen die Isnyer in ihrem Kampf gegen den Ärztepfusch nicht recht vertrauen. Die Einführung der Praxisgebühr hat prompt zu Austritten aus dem Verein geführt, wegen Geldmangel der Mitglieder.

Textfreigabe von der Stuttgarter Zeitung erteilt.



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